Stilles Gedenken an die Jüdische Gemeinden im Oderbruch
Auf einigen Grabsteinen auf den Jüdischen Friedhöfen in Groß Neuendorf und Wriezen finden sich zarte Motive blühender und geschlossener Mohnpflanzen.
Die Keramikerin Karola Wirth hat in Abstimmung mit dem Kulturerbe-Ort Jüdischer Friedhof Groß Neuendorf, zwei dieser Motive mittels Lehmdruck per sorgfältiger Handarbeit von den Grabsteinen abgenommen und daraus Keramikplaketten gefertigt. Jede dieser einmaligen Plaketten soll ein Anlass sein, der jüdischen Kultur zu gedenken. Was ist dem Oderbruch mit der Vertreibung und Ermordung der Menschen jüdischen Glaubens und dem Verlust der jüdischen Kultur an Eigensinn verloren gegangen? Welche Impulse fehlen dem öffentlichen Leben? Das sind Fragen, denen nachzuspüren lohnt.
Im kleinen Begleitschreiben zur Plakette schreibt Karola Wirth: Diese exemplarischen Reliefabdrücke wurden von Grabsteinen des jüdischen Friedhofs in Groß Neuendorf gefertigt. Im Oderbruch gibt es auch in Wriezen, Oderberg, Bad Freienwalde jüdische Friedhöfe. Diese ruhen in anmutiger Stille, sind Zeugnisse einer hier längst erloschenen Kultur, eingebettet in unserer Mitte. Eigenwillige Orte, die Raum geben zum Innehalten und die Chance bieten, die Vergangenheit und verlorene Zukunft einer Kultur wahrzunehmen. Aber auch mit dem Potential Geschichte aus dem Vergessen zu befreien und neu zu entdecken. Längst ruht der Staub der Zeit, als eine Patina aus zarten Moosgeflechten, auf den Inschriften und Ornamenten. Umso begrüßenswerter, dass Akteure wie z.B. Museen oder Künstler mit verschiedenen Projekten dem signifikanten Vergessen entgegenwirken und dieses Erbe nutzen, um eine lebendige gesellschaftliche Auseinandersetzung anzuregen. So wird gleichzeitig ein Zeichen gegen die heutige politische Polarisierung gesetzt.
50 Plaketten, je 25 mit dem Motiv der geschlossenen und 25 mit dem Motiv der offenen Mohnblüte, hat Karola Wirth angefertigt. Am 9. November wurden in Wriezen anlässlich der Gedenkveranstaltung an die Opfer der nationalsozialistischen Pogrome zur „Reichskristallnacht“ 1937 einige der Plaketten an Frau Rindfleisch, die den Kulturerbe-Ort Jüdischer Friedhof Groß Neuendorf betreut, die evangelische Kirchgemeinde und die Stadt Wriezen übergeben.
Die Plaketten werden in die Sammlungen an den Kulturerbe-Orten gegeben und an geeignete Akteure in den Orten, in denen eine jüdische Gemeinde aktiv war, insbesondere in Wriezen, Groß Neuendorf, Bad Freienwalde und Oderberg.