Herrenzimmer

Gustav Schüler-Archiv, Buch der Traurigkeit und Filmstation

Gustav Schüler-Archiv

Im ersten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts war Gustav Schüler ein bekannter Dichter. Es gab kaum eine Lyrikanthologie, in der er nicht mit seinen Gedichten zwischen Goethe, Rilke oder Morgenstern vertreten war. Liedtexte von ihm waren in den Kirchengesangbüchern zu finden, er korrespondierte mit Hermann Hesse und Detlef von Lilienchron. Geboren 1868 in einer Kleinbauernfamilie in Königlich Reetz, erarbeitete er sich mit Begabung und Sprachlust eine Existenz als freier Schriftsteller. Er starb 1938 in Bad Freienwalde nach einem wechselvollen und nicht immer einfachen Leben und Schaffen.

Infolge einer durch die Neureetzerin Erika Kröber angeregte Kommunikation zwischen den Nachkommen Schülers und dem Oderbruchmuseum übergab die Familie 2023 den kompletten Nachlass des Dichters an das Oderbruchmuseum.

Daraufhin wurde nun das so genannte Herrenzimmer mit den gründerzeitlichen Wohninterieurs aus der Sammlung Charlotte von Mahlsdorf neu als Gustav-Schüler-Archiv gestaltet. Es gibt zugleich in Form einer Ausstellung Einblicke in Leben und Werk des Dichters. An einer Hörstation werden die Aufnahmen eines Lyrik-Projekts der Klasse 9b des Bertolt-Brecht-Gymnasiums präsentiert, erarbeitet 2023 Jahr unter der Leitung von Gabriele Voß und aufgenommen in der Wriezener Musikschule von Steven Kopp.

Buch der Traurigkeit

Das auf dem Schreibtisch befindliche Buch der Traurigkeit sammelt und kommentiert Fotografien und Dokumente aus der NS-Zeit im Oderbruch. Wenn Sie hierzu etwas beitragen können, freuen wir uns über Ihre Hilfe!

Filmstation

In der hinteren Nische des Raums präsentieren wir die Arbeit des Oderbruchmuseums in Film und Video mit kleinen Dokumentationen, Produktionen aus unserer Landschaftlichen Bildung sowie Einblicken in die Theaterarbeit des Museums.




Raum-Archiv

2018-2023: Filme und Archivalien

Der mit gründerzeitlichem Interieur ausgestattete Raum wurde nach der Intervention von Kerstin Baudis so umgebaut, dass er zugleich als Fernsehzimmer dienen konnte. Die gezeigten Filme präsentieren die Arbeit des Museums auf der Bühne und vor der Kamera (Theaterstücke, Veranstaltungsdokumentationen, Bauernfilme, Videos aus der Landschaftlichen Bildung).

Auf dem Schreibtisch wurde mit dem „Buch der Traurigkeit“ eine kommentierte Sammlung von Dokumenten und Fotos aus der NS-Zeit im Oderbruch angelegt.


2018 Zwischenraum – Eine Rauminstallation von Kerstin Baudis

Innen und außen, Haus und Landschaft, arm und reich – alles ist verbunden.

Zum Jahresthema Landwirtschaft 2018 ging die Künstlerin Kerstin Baudis der Frage nach, wie die Landnutzung in und um Altranft die Kulturlandschaft und das Miteinander der Menschen in der Zeit verändert hat. Sie sprach mit den Menschen im Ort, erkundete die Landschaft, recherchierte. Im Ergebnis baute sie in den herrschaftlich eingerichteten Zimmern des Schlosses mit dem vorhandenen Mobiliar begehbare Zwischenräume, die Verlust und Gewinn kulturlandschaftlicher Dynamik aufscheinen lassen.

In vier Interventionen im Schloss thematisierte sie die verschiedenen Facetten gutsherrlicher Landwirtschaft – von der Reichtumsproduktion über Armut, Flucht und Gegenwart – und fand im Fischerhaus Möglichkeiten für gestalterische Pendants. So wie im Herrenzimmer des Schlosses sichtbar wurde, dass der Reichtum durch die Landarbeit ausgeschwitzt wurde, konnte man nun auch im Landarbeiterhaus sehen, wie das Tafelsilber durch die Esse der schwarzen Küche entwich und welche Arbeitszeit in einem Scheffel Korn steckte. Die Arbeit von Kerstin Baudis handelte aber nicht primär von sozialer Ungerechtigkeit, sie stellte vor allem den Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Teilen des Museums her. Das Außen spiegelt sich im Innen, das Innere wurde nach außen gekehrt. So entstand die Wahrnehmung eines Zwischenraums.

Für die Entwicklung des Museums war Kerstin Baudis‘ Arbeit sehr wertvoll. Nicht nur bereicherte sie das Jahresthema um viele interessante Rauminstallationen, sie gab dem Museum auch einen Impuls für den weiteren mutigen Umgang mit den Räumen, die in der Zeit des Freilichtmuseums entstanden waren. Ihren Charakter zu respektieren, trotzdem aber eigene Fragen und Nutzungen einzutragen, das ist seither an vielen Stellen gelungen.


2017 Die Gästezimmer. Rauminstallation von Ellen Kobe

Künstlerische Interventionen mit Werken von Beate Bendel, Ingo Biermann, Ellen Kobe, Achim Kühn, Coco Kühn, Petra Lottje, Tanja Ostojic, Fiene Scharp, Judith Siegmund, Elisabeth Sonneck und Astrid Weichelt.

Vom 20. Mai bis 02. Dezember 2017 präsentierte die Berliner Künstlerin Ellen Kobe im Oderbruch Museum Altranft „DIE GÄSTEZIMMER“. Sie nutzte Bett und Stuhl, Fenster und Vorhang, Boden und Tisch der Gründerzeitmöbel aus der Sammlung Charlotte von Mahlsdorf, um Spuren zu legen, die in die Geschichte und Gegenwart des Oderbruchs führen. Die immer wieder dahin geschmolzenen Reichtümer des Gutes Altranft spielten dabei eine Rolle, wie die von den Altranftern berichteten Erlebnisse aus der DDR-Zeit, in der das Schloss ein Kulturhaus war. Die Erfahrungen des 1947er Hochwassers werden ebenso reflektiert wie die sich wandelnde Bedeutung, die Frauen im Kontext gutsherrlicher Praxis innehatten.

Die Vernissage des Ausstellungsprojektes fand am 20. Mai 2017 in Form von Ellen Kobes Performance „Die Schimmelreiterin“ unter Mitwirkung des Schauspielers Thomas Bading statt.