
A report by Holger Herschel and Jürgen Danyel
Termin der Ausstellungseröffnung im Oktober
Der Fotograf Holger Herschel und der Sozialwissenschaftler Jürgen Danyel schreiben über ihr Projekt: „Brücken schaffen Verbindungen, bilden Übergänge zwischen Landschaften, Orten und Ländern, symbolisieren Annäherung und Begegnung. Im alltäglichen Gebrauch ermöglichen sie es den Menschen, die Seiten und die Ufer zu wechseln und stiften dadurch Begegnungen und Nachbarschaft. Dies trifft besonders auch für die Brücken entlang der Oder an der deutsch-polnischen Grenze zu. Diese Brücken haben jeweils eine ganz besondere Geschichte, in der sich wie in einem Brennglas die Geschichte des schwierigen deutsch-polnischen Verhältnisses spiegelt. Sie tragen Spuren von Krieg, Flucht und Vertreibung, wurden zerstört, verschoben, wiederaufgebaut oder abgerissen. Sie fungierten als Grenze mit entsprechenden Riten der Passage, büßten in Zeiten der Entfremdung ihre Funktion ein, wurden zu wechselnden Symbolen von Feindschaft, Freundschaft oder Gleichgültigkeit.
Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch des Kommunismus wurden gerade die Brücken entlang der Oder und Neiße zu Orten, an denen die neu gewonnene Freizügigkeit gefeiert und erlebt werden konnte. Ihre Öffnung oder Wiederinbetriebnahme wurde zum Symbol für neue Verbindungen im nun vereinten Europa.
Jenseits ihrer historischen und politischen Dimension stehen die Brücken heute für einen Alltag grenzüberschreitender Mobilität, der für die Menschen in der Grenzregion zur Normalität geworden ist. Täglich passieren hunderte polnische Pendler*innen und Handwerksfirmen die Brücken in Küstrin –Kietz, Frankfurt (Oder) oder Hohenwutzen. Deutsche fahren regelmäßig zum Tanken, Einkaufen oder zum Frisör und Arztbesuch nach Polen. Touristen und Urlauber erkunden die einzigartige Flusslandschaft auf beiden Seiten der Grenze.
Es ist erstaunlich wie wenig neue Brückenschläge es seit 1990 zwischen beiden Ländern gegeben hat. Die einzige Brücke, die wirklich als neu gelten kann, ist die am 31. Juli 2024 eingeweihte neue Eisenbahnbrücke bei Küstrin-Kietz. Aber auch sie ersetzt eine bis dahin genutzte alte Brücke, die nach den Zerstörungen des Krieges aus verschiedenen Brückenelementen zusammengesetzt und zum Provisorium auf Dauer wurde. Symbolisch verkörpert am ehesten die Europabrücke in Neurüdnitz die neue Erfahrungsdimension deutsch-polnischer Nachbarschaft.
Das Projekt Bridges. Places of German-Polish neighborhoods ist eine Fotoreportage, die die Brücken zwischen Deutschland und Polen als alltägliche Orte von Austausch, Begegnung und Nachbarschaft dokumentiert. Neben den Brückenbauten als architektonischen Zeugnissen werden mit dieser fotografischen Erkundung vor allem der Alltag ihrer Nutzung und die damit verbundenen verschiedenen Dimensionen von Nachbarschaft dokumentiert. Im Mittelpunkt stehen fotografische Porträts von Brückengängern und Brückengängerinnen. Hinzu kommen Geschichten über das alltägliche Passieren grenzüberschreitender Brücken, die die Porträts ergänzen.“
Oktober 2025
Ausstellung: Brücken. Orte deutsch-polnischer Nachbarschaften
Reportage von Holger Herschel, Jürgen Danyel im Alten Feuerwehrdepot Neurüdnitz